Der Dunning-Kruger-Effekt – warum es sicherer ist, Kunstwerke in Galerien zu kaufen

 Von Paulina Calabrò
Vor einiger Zeit bin ich auf eine psychologische Studie gestossen, die mich sofort an viele Begegnungen im Kunstalltag erinnert hat: den sogenannten Dunning-Kruger-Effekt. Er beschreibt ein Phänomen, das man überall beobachten kann – Menschen mit wenig Können überschätzen sich oft, während die wirklich Begabten an sich zweifeln.
In der Kunst zeigt sich das besonders deutlich. Wer eine Galerie führt, kennt sie: die vielen E-Mails von Künstler:innen, die schreiben, sie seien „bereit für den internationalen Markt“ oder ihre Arbeiten würden „Grenzen sprengen“. Man klickt neugierig auf den Link – und sieht dann oft Werke, die technisch oder inhaltlich noch ganz am Anfang stehen. Das ist nichts Schlechtes – jeder beginnt irgendwo. Aber oft ist der Unterschied zwischen Anspruch und tatsächlicher Qualität gross.
Und dann gibt es die anderen: Künstler:innen, die wirklich etwas zu sagen haben. Ihre Arbeiten sind präzise, sensibel und tragen eine Tiefe in sich, die man nicht erzwingen kann. Sie drängen sich nicht auf, suchen selten die Bühne, und genau das macht sie bemerkenswert. Hinter dieser stillen Haltung steckt oft echte Qualität – und manchmal auch ein gewisser Zweifel, ob die eigene Kunst überhaupt Aufmerksamkeit verdient. Doch gerade diese Zurückhaltung ist oft ein Zeichen von Bewusstsein und künstlerischer Reife.
Hier zeigt sich, warum es sinnvoll ist, Kunst in einer Galerie zu kaufen. Eine gute Galerie sortiert, begleitet, stellt in Zusammenhang. Sie erkennt das Potenzial hinter den stilleren Positionen und schützt Sammler:innen davor, sich von lautem Auftreten oder grossen Worten täuschen zu lassen.
Ich erlebe es oft, dass Besucher:innen auf einen Preis reagieren und fragen: „Warum kostet das so viel?“ Die ehrliche Antwort lautet: Weil Qualität nicht immer auf den ersten Blick sichtbar ist. Ein gutes Werk entsteht nicht zufällig. Es steckt Erfahrung, Geduld, und oft auch viel Zweifel darin. Deshalb ist der Preis einer Galerie kein willkürlicher Aufschlag, sondern spiegelt den Wert dieser künstlerischen Reife wider.
Vielleicht lohnt es sich, den leiseren Stimmen mehr zuzuhören – den Künstler:innen, die zweifeln, anstatt sich zu überschätzen. Den Werken, die nicht sofort beeindrucken, sondern langsam wachsen. Und vielleicht sollten wir auch bereit sein, für diese Qualität den Preis zu akzeptieren, den eine Galerie vorschlägt – nicht, weil er höher ist, sondern weil er fair ist.
Ich wollte dieses Thema aufgreifen, nachdem ich selbst auf Publikationen zum Dunning-Kruger-Effekt gestossen bin. Er hat mich inspiriert, das Phänomen aus Sicht des Kunstbetriebs zu betrachten – als Einladung zur Reflexion, nicht zur Kritik. Was denkt ihr: Wie viel Selbstvertrauen ist gesund, und wann kippt es in Selbstüberschätzung? Ich freue mich auf eine ehrliche Diskussion in den Kommentaren.

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