Ist Künstler*in sein eine angenehme Beschäftigung?

 

von Paulina Calabrò
Immer wieder begegne ich einer verführerischen Vorstellung: Kunst sei ein Hobby mit etwas Glamour. Ein bisschen Farbe auf der Leinwand, ein paar schöne Formen, ein dekoratives Objekt – und voilà, schon ist man Künstler*in. Aber genau hier liegt der entscheidende Unterschied:
Hobby ist Freizeitgestaltung. Es darf leicht sein, folgenlos, spielerisch.
Handwerk ist Können. Präzision, Technik, Wiederholbarkeit.
Dekoration ist Verschönerung. Angenehm fürs Auge, oft gefällig, ohne den Anspruch zu stören.
Kunst hingegen beginnt erst dort, wo eine Mission, eine Message entsteht. Kunst ist kein hübsches Beiwerk, sondern eine Auseinandersetzung mit Welt, Gesellschaft, mit uns selbst.
Kunst ist unbequem, weil sie nicht einfach gefallen will. Sie fordert, hinterfragt, widerspricht – manchmal sogar der eigenen Schöpfer*in. Wer ernsthaft Kunst macht, arbeitet nicht nur mit Material, sondern mit Haltung. Und das ist keine „angenehme Beschäftigung“, sondern eine Aufgabe, die Energie, Mut und Ausdauer frisst.
Gerade in der Schweizer Kunstszene spüre ich oft diese Spannung: zwischen einer sicheren, gepflegten Oberfläche und der Sehnsucht nach radikalerer, ehrlicherer Kunst. Dekoration verkauft sich leichter. Kunst mit Botschaft dagegen fordert das Publikum – und oft auch die Institutionen.
Natürlich ist es ein Geschenk, wenn sich Arbeit leicht anfühlt. Aber bevor etwas leicht wird, ist es meist hart erkämpft: durch unzählige Stunden, Selbstzweifel, finanzielle Unsicherheit, durch Nächte voller Fragen. Und genau deshalb glaube ich: Echte Kunst wächst selten aus Komfort, sondern aus Reibung.
Meine These ist provokant, ich weiss. Doch genau darum geht es:
Brauchen wir als Künstler*innen diese Schärfe, diese Mission, um „wirklich“ Kunst zu machen? Oder genügt das Schöne, Dekorative – wenn es den Menschen Freude bringt?
Ich lade euch ein, darüber zu diskutieren. Ohne Filter, ohne Beschönigung.

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